Die Auswahl der passenden Schriftart ist für den Erfolg eines Grafikdesignprojekts von großer Bedeutung. Tobias Frere-Jones erinnert im Dokumentarfilm „Helvetica“ daran, dass die Schriftart dem Schauspieler in einer Szene ähnelt. Ist der Schauspieler nicht überzeugend, wird auch die Szene ihre Wirkung verfehlen. Ähnlich verhält es sich mit Schriftarten: Passt die gewählte Schrift nicht zur intendierten Botschaft, leidet das gesamte Design darunter.
Verschiedene Schriftarten und ihre Lizenzierungen
Es ist wichtig, zwischen einer Schriftfamilie und einer Schriftvariante zu differenzieren. Zum Beispiel ist Garamond eine Schriftfamilie, während Garamond Bold eine Variante dieser Familie ist. Digital betrachtet entspricht eine Schriftart der Datei, die wir auf unserem Rechner nutzen, um die Schrift darzustellen.
Diese Schriftdatei enthält sämtliche relevanten Informationen der Schriftart, die an das Programm übermittelt werden, in dem die Schrift genutzt wird. Dies umfasst Details wie das Zeichnen der Glyphen, die Buchstabengröße und das Kerning, also den Abstand zwischen den Buchstaben.
Die Schriftdatei selbst ist eine Software, für deren Nutzung eine Lizenz erforderlich ist. Mit dem Kauf einer Schrift erhalten Sie eine Endbenutzer-Lizenzvereinbarung (EULA), die festlegt, was erlaubt ist und was nicht. Diese Lizenz ist in der Regel auch auf der Webseite des Verkäufers einsehbar.
Die Kosten für eine Schriftlizenz variieren je nach Nutzungszweck (Desktop, Web oder App). Bei Web-Lizenzen basieren die Kosten auf der Anzahl der Seitenaufrufe, bei Desktop-Lizenzen auf der Anzahl der Nutzer, die die Schrift installieren. Die Weitergabe der Lizenz an Dritte ist normalerweise ausgeschlossen. Sie dürfen die Schrift auf Ihrem Computer und eventuell auf einem weiteren Gerät installieren, jedoch nicht an Kollegen weitergeben. Um einem Kollegen die Nutzung zu ermöglichen, ist eine Lizenz für mehrere Installationen erforderlich. Üblicherweise erlauben Basislizenzen die Installation für ein bis drei Nutzer.
Das heute gängigste Format ist OpenType (.otf). Beim Kauf einer Schriftart erhalten Sie wahrscheinlich eine Datei in diesem Format. OpenType ist eine Weiterentwicklung der früher populären Formate TrueType (.ttf) und PostScript (.ps). Für den Gebrauch auf Webseiten erhalten Sie hingegen eine .woff-Datei und eine CSS-Datei mit Anweisungen zur Einbindung der Schrift in Ihre Webseite.
Bezugsquellen und Preise für Schriftarten
Schriftarten sind häufig mit zwei unterschiedlichen Lizenzarten erhältlich:
- frei für den persönlichen Gebrauch
- kommerzielle Nutzung
Für persönliche Projekte können Sie die Schrift frei nutzen, jedoch nicht für kommerzielle Auftragsarbeiten. Schriftarten werden direkt von den Herstellern oder großen Wiederverkäufern wie MyFonts, Fonts.com oder FontShop (alle gehören zu Monotype) verkauft. In den letzten Jahren haben Websites wie Village, TypeNetwork und TypeBy versucht, das Monopol von Monotype zu durchbrechen, indem sie Schriften kleiner und unabhängiger Schriftgießereien anbieten.
Ein Schriftsatz kann durchschnittlich zwischen 30 und 60 Euro kosten, abhängig von der Größe der Schriftfamilie. Einzelne Schriften wie Graphik kosten 50 Dollar, während alle 162 Varianten 1.500 Dollar kosten. Für die Nutzung auf Ihrer eigenen Webseite oder App müssen Sie die entsprechende Lizenz erwerben. Oft reduziert sich der Preis, wenn Sie die Desktop- und die Web-Lizenz zusammen kaufen.
Möglichkeiten, eine Schrift vor dem Kauf zu testen
Vor dem Kauf einer Schrift ist es wichtig, diese zu bewerten und zu entscheiden, ob sie für Ihr Projekt geeignet ist. Auf den Webseiten von Einzelhändlern und verschiedenen Schriftgießereien können Sie ein Schriftmuster als PDF-Datei einsehen, das alle Merkmale der Schrift und ihre Glyphen zeigt. Im Muster gibt es oft einen Abschnitt zu den OpenType-Funktionen, der unter anderem Varianten derselben Glyphe und die Verwaltung von Zahlen zeigt.
Zusätzlich
zum Muster können Sie bei vielen Schriftgießereien eine Testversion der Schrift herunterladen, die die grundlegenden Glyphen und Funktionen enthält und die Sie in Ihrem aktuellen Grafikprojekt verwenden können. Bei Diensten wie Fontstand und SkyFonts können Sie eine umfassendere Version einer Schrift für einige Stunden testen.
Fontstand bietet auch die Möglichkeit, eine Schrift für einige Monate zu mieten, was besonders für kurzfristige Projekte eine kostengünstige Lösung sein kann. Ein ähnlicher Mietdienst wird von Adobe im Rahmen des Creative-Cloud-Abonnements angeboten. Mit Ihrem Konto können Sie alle Schriften von Adobe Fonts über die Adobe-App installieren. Die Lizenz umfasst sowohl Desktop- als auch Web-Lizenzen. Für die Webnutzung stellt Adobe Fonts einen Code zur Verfügung, den Sie auf Ihrer Seite eingeben müssen.
Es ist ebenfalls möglich, kostenlose Schriften mit kommerziellen Lizenzen zu verwenden, wie die von Google Fonts. Diese können auf Ihren Computer heruntergeladen oder durch Einfügen eines Codes auf einer Webseite verwendet werden.
Beurteilungen vor dem Kauf einer Schrift
Wenn Sie eine Schrift für Ihr Projekt auswählen, sollten Sie folgende Aspekte berücksichtigen:
- Anzahl der Varianten (normal, fett, kursiv)
- Vorhandensein von Kapitälchen
- Ligaturen
- OpenType-Funktionen
- Einzelne Glyphenvarianten
- Akzente (manche kostenlose oder preisgünstige Schriften bieten nicht alle Akzente)
Wie man eine Schrift in einem Bild findet
Manchmal sieht man eine Schrift, die einem gefällt, irgendwo gedruckt oder online, und möchte sie genau identifizieren, um sie zu verwenden. Es gibt zahlreiche Tools dafür, wie WhatFont, das als iOS-App und als Browsererweiterung für Chrome und Firefox erhältlich ist. MyFonts, Adobe Fonts und FontSquirrel bieten ebenfalls die Möglichkeit, eine Schrift anhand eines Bildes zu finden.
Adobe Fonts bietet diese Funktion auch in Photoshop an (hier ein Video dazu) und Adobe Capture (verfügbar für iOS und Android).
Verwendung von Schriften
Es kann auch hilfreich sein, zu erfahren, wie eine Schrift bereits von anderen verwendet wurde. Viele Schriftgießereien zeigen auf ihrer Webseite oder in ihrem Blog, wie ihre Schriften in realen Projekten eingesetzt wurden.
Auf der Webseite Fonts in Use finden Sie Informationen darüber, wie verschiedene Schriftarten in Bereichen wie Musik, Mode, Lebensmittel, Finanzen und Gesundheit eingesetzt werden. Zwei Beispiele werden im Folgenden dargestellt.
Auf der Webseite Fonts in Use wird das visuelle Identitätsprojekt des Old Town Pubs präsentiert, bei dem die Schriftarten Lydia, Harbour, Study und Walsheim zum Einsatz kommen.
Fonts in Use weist auf die Verwendung der Schriften Egyptienne, Publica Sans und Basic Sans für kleine Sprachführer hin.
Nun haben Sie alle wichtigen Tipps, um sich in der Welt der Schriftarten zurechtzufinden. Viel Erfolg bei Ihrer Suche!
Nützliche Links
Hier sind vier Schriftgießereien, die oft kostenlose und/oder sehr preisgünstige und/oder „Pay what you want“-Schriften anbieten:
Hier sind vier Schriftgießereien, bei denen Sie Demoversionen von Schriftarten herunterladen können:
Hier sind vier Schriftgießereien, die Studenten 50% Rabatt gewähren:
Eine detailliertere Liste der Schriftgießereien, die Studentenrabatte anbieten, finden Sie in diesem Artikel von Indra Kupferschmid.
Weitere Informationen über Schriftgießereien – ihre Präsenz bei Adobe Fonts oder Fontstand, ob sie Testversionen anbieten, ob sie Web-Fonts bereitstellen – finden Sie in dieser umfassenden Sammlung des Designers Matthew Smith.
[1] Mehr über Schriftarten erfahren Sie in diesem Artikel: Creating Clear Graphics for Print: The Font
[2] Es gibt auch teurere Schriften. Die Einzelschrift von Lineto’s Circular kostet etwa 160 EUR.
[3] Die Schriften auf Google Fonts werden unter der SIL Open Font Licence vertrieben, die die kommerzielle und nicht-kommerzielle Nutzung erlaubt.